Bibelübersetzungen im Überblick
1. Lutherbibel
Die Lutherbibel (revidierter Text von 1984) ist der maßgebliche Bibeltext der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Gliedkirchen für Gottesdienst, Unterricht und Seelsorge. Diesen Text benutzen die gottesdienstlichen Bücher, er wird gebraucht, wenn die EKD und die Gliedkirchen offiziell reden. Er ist der in den Schulen eingeführte Bibeltext für den evangelischen Religionsunterricht. Der sprachgeschichtliche Rang der Lutherübersetzung ist unvergleichlich. Die Genauigkeit ebenso wie die sprachschöpferische Freiheit der Übersetzung Luthers machen seine Bibel heute noch zum klassischen Bibeltext deutscher Sprache und zum zentralen Text der evangelischen Kirche.
Lutherbibel 1984
Die Luther Bibel 1984 mit Volltextsuche
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2. Einheitsübersetzung
Die Einheitsübersetzung (so genannt und ins Werk gesetzt als einheitliche Übersetzung der deutschsprachigen katholischen Diözesen, seit 1967 mit evangelischer Beteiligung erarbeitet, veröffentlicht 1980) ist im Neuen Testament und in den Psalmen "ökumenischer Text". Die Einheitsübersetzung kann in gemeinsamen evangelisch-katholischen Bibelkreisen einen guten Dienst tun und auch beim Bibelstudium evangelischer Gruppen neben der Lutherbibel mit Gewinn gelesen werden. Bei ökumenischen Gottesdiensten sollte sie neben der Lutherbibel verwendet werden. Seit 2006 bereitet die katholische Kirche die Herausgabe einer überarbeiteten Fassung vor.
3. Gute-Nachricht-Bibel
Die Gute-Nachricht-Bibel wurde von der evangelischen Bibelgesellschaft und den katholischen Bibelwerken gemeinsam erarbeitet und herausgegeben, sie hat sich eine beachtliche Verbreitung erworben. Sie liegt nun in der revidierten Fassung von 1997 vor. Die Gute Nachricht folgt (weiterhin) dem Übersetzungsprinzip der sogenannten "dynamischen Äquivalenz" von Eugene A. Nida. Während die sogenannte philologische Übersetzung textorientiert arbeitet (so dass das Ergebnis im Prinzip rückübersetzbar wäre), arbeitet die "kommunikative" Übersetzung rezipientenorientiert. d. h., sie will beim Leser und Hörer heute die gleiche informative und emotionale Wirkung erzielen ("dynamische Äquivalenz"), wie es der Text bei seinem Hörer damals tat. Dies hat zur Folge, dass ganze Formulierungen ausgetauscht werden und Erläuterungen in den Text eingebracht werden, die dem Leser damals geläufig waren, dem Leser heute aber mitgeteilt werden sollen. Die Gute-Nachricht-Bibel 1997 ist gegenüber der Fassung von 1982 zu einer gemäßigten Anwendung dieses Prinzips zurückgekehrt. Für den Einstieg in das Bibellesen des Einzelnen, auch für Lesungen bei Andachten usw., z. B. wenn schwierige Texte ohne Auslegung bleiben, kann die Gute Nachricht gute Dienste tun.
4. Die Zürcher Bibel
Die Zürcher Bibel, auf die Reformation Zwinglis zurückgehend, wurde in den Jahren 1907 – 1931 "nach dem Grundtext aufs Neue übersetzt". Dabei stand die philologische Korrektheit der Übersetzung entschieden im Vordergrund, auf die Erhaltung der traditionellen Sprache wurde keine Rücksicht genommen. Seit 1987 ist eine erneute Revision der Zürcher Bibel auf dem Weg. Wiederum ist die philologische Genauigkeit das Übersetzungsziel, allerdings wird eine geschmeidigere Sprache angestrebt. Gegenüber der klassischen Zürcher Bibel verspricht die neue Zürcher Bibel, besonders im Neuen Testament, einen Gewinn. Die Revisionsarbeit wurde Ende 2006 abgeschlossen, die neue Zürcher Bibel ist ab Sommer 2007 erhältlich sein.
5. Elberfelder Bibel
Mit der Elberfelder Bibel (revidierte Fassung 1991) hat der Brockhaus-Verlag eine Übersetzung veröffentlicht, die dem Urtext der Bibel mit höchster Genauigkeit folgt. Dabei werden gelegentlich sprachliche Holprigkeiten in Kauf genommen. Es handelt sich also um eine klassische "philologische" Übersetzung. In der Hand von Studierenden der Theologie leistet die Elberfelder Bibel als Übersetzungshilfe bei schwierigen hebräischen und griechischen Passagen gute Dienste. Auch für bibellesende Gemeindegruppen ist die Elberfelder Bibel als Referenztext, der eine große Nähe zum Urtext vermittelt, sehr geeignet.
6. Die Bibel, neu in Sprache gefasst von Jörg Zink
Nach zahlreichen vorangegangenen Veröffentlichungen hat Jörg Zink seine typische Art der paraphrasierenden Bibelübertragung nun in eine Gesamtbibel (1998) zusammengefasst, die allerdings im Bereich des Alten Testaments eine Auswahlbibel darstellt. Die Bibelausgabe von Jörg Zink verdankt, wie leicht erkennbar ist, sowohl der Lutherübersetzung wie der Einheitsübersetzung sehr viel. Im Ganzen nähert sie sich, von der Paraphrase herkommend, wieder einer eigentlichen Übersetzung, die aber weiterhin frei eigene Akzente setzt. Zink erreicht mit seiner Art der Textbehandlung viele Leser, die auf anspruchsvollem Niveau vom Bibeltext persönlicher angesprochen werden wollen, als dies die klassischen Übersetzungen tun.
7. Hoffnung für alle
"Hoffnung für alle" (Neues Testament 1983, später Vollbibel der International Bible Society, revidierte Fassung 2002) geht auf die "Living Bible" aus dem englischsprachigen Raum zurück. Diese Übersetzung will Verständlichkeit durch Umgangsdeutsch erreichen. Sie nimmt Einfügungen, Kürzungen oder Umschreibungen am biblischen Text vor, ohne dass dieses dem Leser in der Regel sichtbar wird. Dazu kommen falsche oder sinnwidrige Übersetzungen und Ergänzungen des Textes, die jeder Grundlage entbehren. Wo der biblische Text sehr bewusst dieselbe Wendung benutzt, wird die Übertragung so verändert, dass der deutsche Leser den biblischen Duktus nicht wiedererkennen kann. Trotz mancher Korrekturen in der revidierten Fassung muss diese Übertragung an sorgfältig erarbeiteten Übersetzungen kontrolliert werden. Für den Gebrauch in der Gemeinde ist die "Hoffnung für alle" ungeeignet.
8. Walter Jens
Mit seiner eigenwilligen Umgestaltung neutestamentlicher Texte (Die vier Evangelien, 2. Aufl. 2002, Der Römerbrief, 2000, Das A und das O. Die Offenbarung des Johannes, 5. Aufl. 2000) zielt Jens darauf, die rhetorische Qualität des Textes hervorzuheben. Er löst sich weitgehend vom Wortlaut und Satzbau zugunsten einer rhythmisierten Prosa. Sind die Sätze oft ausrufartig, kurz, unvollständig, so haben sie doch stets Anhalt an Merkmalen, die der griechische Text in Wortwahl und Wortstellung bereithält. Übertragungen wie diese sind nicht für den gottesdienstlichen Lesungsgebrauch gedacht, sie können aber dem sprachlich Interessierten etwas von der eindringlichen Lebendigkeit des Bibelwortlauts vermitteln.
9. Bibel in gerechter Sprache
Mit einer ausführlichen Einleitung der zehn Herausgeberinnen und Herausgeber ist im Herbst 2006 die "Bibel in gerechter Sprache" veröffentlicht worden. Ihr Name ist irreführend. Sie erhebe - so die Einleitung - "nicht den Anspruch, dass diese Übersetzung ’gerecht’ ..., andere aber ungerecht" seien. Sie beabsichtige vielmehr, "dem biblischen Grundthema Gerechtigkeit in besonderer Weise zu entsprechen." Im einzelnen geht es um "eine geschlechtergerechte Sprache", um "Gerechtigkeit im Hinblick auf den christlich-jüdischen Dialog" sowie um "soziale Gerechtigkeit". Diese Kriterien führen allerdings dazu, dass die Übersetzung in Widerstreit gerät mit demjenigen Kriterium, das in reformatorischer Tradition für die Bibelübersetzung fundamental ist, nämlich der Treue zum Urtext. Die "Bibel in gerechter Sprache" ist dort hilfreich, wo sie den aktuellen Stand der Bibelwissenschaft aufnimmt und so dem Urtext Geltung verschafft. Sie gerät aber dort auf Abwege, wo sie es versäumt, zwischen Übersetzung und Interpretation klar zu unterscheiden.
Einen Überblick über das gegenwärtige Angebot von deutschen Bibelübersetzungen insgesamt bietet das Heft Wissenswertes zur Bibel 6, Helmut Haug: Deutsche Bibelübersetzungen, herausgegeben von der Deutschen Bibelgesellschaft und dem Katholischen Bibelwerk e. V. , Stuttgart 2002.
Quelle: www.ekd.de